STEPS-LoungeZwei Jahre STEPS

Die Gemeinde lädt ein…

Lesezeit 9 Minuten
25. April 2017
Das hast du davon:

Du kannst mitmischen. Für Gott. Für dich selbst. Für Menschen, die du liebst. Und für Menschen, die du noch nicht liebst.

Von: Markus Wäsch

war viele Jahre Jugendreferent der Christlichen Jugendpflege e. V. und arbeitet als Prediger und Evangelist. Außerdem schreibt er Bücher und unterrichtet Bibelschüler.

Warum habe ich das geschrieben?

Wenn ich zum Gottesdienst gehe, ist es wie nach Hause zu kommen. Dieses schöne Gefühl wünsche ich jedem Christen.

Es gibt Leute, die gehören zwar zu Jesus, nicht aber zu einer Kirche oder Gemeinde. Für sie ist ihr Christsein eine Privatangelegenheit. Zwar nehmen sie gerne diverse Veranstaltungen wahr und erfreuen sich dabei an der Ansammlung interessanter Menschen, doch verbindlich dazugehören wollen sie nicht. Das ist wie aktiv in sozialen Netzwerken teilnehmen zu wollen, aber keinen Account zu haben.

Du gehörst dazu

Das ganze Neue Testament beweist, dass Gemeinde von Gott gewollt ist und dass er seine Leute gerne gemeinsam anspricht. Dabei hat eine Gemeindezugehörigkeit zwei Aspek­te. Um das näher zu erklären, lass mich zwei Begriffe gebrauchen, die du aus dem Deutschunterricht kennst. In einem Satz spielen außer dem Verb normalerweise Subjekt und Objekt eine Rolle. Das Objekt ist von einer Handlung betroffen, während von dem Subjekt eine Handlung ausgeht. In der Gemeinde hast du beide Rollen. Als Objekt kannst du von anderen profitieren und als Subjekt etwas beitragen.

Die Predigten nützen dir

Beginnen wir mit dem Objekt: Du darfst von dem, was in der Gemeinde geschieht, profitieren, von den Predigten zum Beispiel. Daraus erkennst du biblische Prinzipien und es wird dir erklärt, was Gott aus deinem Leben machen will. Paulus schreibt: Der Glaube kommt aus dem Hören der Botschaft … (Römer 10,17). Damit dein Glaube am Leben bleibt, solltest du dir also regelmäßig gute Predigten anhören!

Das gemeinsame Gebet nützt dir

Außerdem betet man in der Gemeinde miteinander. Wenn es dort Leute gibt, die du kennst und die dich kennen – ich meine, nicht nur dein Gesicht schon mal gesehen haben, sondern dich gut kennen –, dann werden sich auch welche finden, die für dich und deine Probleme beten, zum Beispiel wenn du vor wich­tigen Entscheidungen stehst. Es ist eine der Stärken von Gemeinde, dass Glaubensgeschwister Anteil aneinander nehmen und miteinander und füreinander beten.

Vorbilder nützen dir

Und du findest in deiner Gemeinde Leute, die dir im Glauben schon ein ganzes Stück voraus sind. So jemand kann für dich ein Mentor werden. Auch die Bibel kennt solche Beziehungen: zum Beispiel zwischen Mose und Josua (4. Mose 27,15-23); im Neuen Testament zwischen Paulus und Timotheus (Apostelgeschichte 16,1-3). Das beste Beispiel ist Jesus und seine Jünger. Ein Mentor ist eine Art Trainer, jemand dem du über die Schulter schauen kannst; jemand, dem du helfen kannst, indem du kleine Aufgaben selbst übernimmst; jemand, der sich Zeit für dich nimmt und dir deine Fragen beantworten kann. Unterschätze diesen Rat nicht: Halte Ausschau nach einem Vorbild, mit dem du dich regelmäßig treffen kannst, um zu reden, zu beten und der ein guter christlicher Freund für dich wird. Solche Leute findest du in der Gemeinde.

Als „Objekt“ in der Gemeinde bist du im besten Sinne betroffen, beschenkt und bereichert von dem, was die Menschen um dich herum tun. Aber das ist nicht alles. Als Teil des Ganzen darfst und sollst du auch mitgestalten. Du bist – um beim Bild zu bleiben – auch „Subjekt“ der Gemeinde:

Sei anderen zum Nutzen!

In den Gottesdiensten sitzen überwiegend Leute mit Nehmerqualitäten. Dagegen ist auch erst einmal nich­ts einzuwenden. Aber dabei soll es nicht bleiben. Der Sinn einer Predigt ist nicht: anschließend aufstehen und alles zu vergessen! Das, was du in der Predigt gehört hast, will umgesetzt werden. Normalerweise will eine Predigt motivieren, das heißt in Bewegung bringen.

Wenn du Teil der Gemeinde bist, dann darfst du auch deinen Teil beitragen, so dass die Gemeinde etwas von dir hat. Das Gleiche gilt auch für den Jugendkreis einer Gemeinde; ideal ist, wenn das, was da geschieht, nicht nur für dich, sondern zum Teil auch von dir gemacht wird.

Unsere Errettung hat von Gottes Seite ein klares Ziel: Wir sind gerettet, um ihm zu dienen (Lukas 1,73-75; 1. Thessalonicher 1,9b; Hebräer 9,14a). Natürlich heißt das nicht, dass wir uns zu Tode arbeiten müssen, sobald wir uns entschieden haben Jesus nachzufolgen. Die Aufgaben, die Gott uns gibt, machen Sinn und stellen innerlich zufrieden.

Einer zieht den anderen

Früher fuhr ich regelmäßig an einem Pferdezuchtbetrieb vorbei. Herr Rösser, der Besitzer, hatte sich mit diesem kleinen Gestüt einen Traum erfüllt. Ausgestattet war das Gelände auch mit einer Führanlage, einem waagerecht liegenden Rad, ähnlich einem Karussell, wo Pferde einspannt werden konnten. Die Anlage ermöglichte den Tieren ausreichend Bewegung – sozusagen Fitness für Pferde. Die Pferde wurden also an dem Rad festgemacht und losgeschickt. Der Rest ging von alleine; ein Pferd führte das andere. Da es unwahrscheinlich war, dass alle zur gleichen Zeit auf die Idee kamen anzuhalten, liefen sie so lange im Kreis, bis Herr Rösser eingriff und sie in den Stall zurückführte.

Das Gemeindeleben ist natürlich tausendmal aufregender als das stupide Im-Kreis-Laufen in einem „Pferdekarussell“ – klar! Doch auch in der Gemeinde soll einer den anderen mitziehen. Mal bist du derjenige, der zieht, mal der, der gezogen wird.

Während meines Zivildienstes hatte sich Matthias bekehrt; mit ihm hatte ich schon als Kind auf der Straße gespielt. Aber erst als er Christ geworden war, wurden wir Freunde; wir haben vieles miteinander geteilt, viel miteinander gebetet und gemeinsam Gott gedient. Auch als er bereits verheiratet war, haben wir uns zu dritt regelmäßig frühmorgens zum Beten getroffen. In unserem Dienst für Gott war es so, dass immer einer den anderen mitzog. Es gab Zeiten, da war ich entmutigt und Matthias musste mich wieder aufrichten, und es gab Zeiten, da war Matthias frustriert und ich konnte ihm neu Mut machen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir einmal beide gleichzeitig „down“ waren.

Wir brauchen einander – übrigens auch über die Generationsgrenzen hinweg. In unserer Zeit findet Kommunikation leider häufig nur unter Gleichaltrigen statt. Doch gerade im Miteinander von Jugendlichen, Senioren und denen mittleren Alters liegen große Chancen der Ergänzung.

Fünf Kennzeichen einer Gemeinde

Schauen wir uns eine Bibelstelle an, die von den ersten Anfängen der Kirche spricht: „Sie alle widmeten sich eifrig dem, was für sie als Gemeinde wichtig war: Sie ließen sich von den Aposteln unterweisen, sie hielten in gegenseitiger Liebe zusammen, sie feierten das Mahl des Herrn, und sie beteten gemeinsam.“ (Apostelgeschichte 2,42) Das sind vier Kennzeichen, die den Gottesdienst der ersten Christen beschreiben:

  1. Sie ließen sich von den Aposteln unterweisen. Predigten anhand der Bibel sind für die Seele eines Christen wie eine ausgewogene Ernährung für den Körper.
  2. Sie hielten in gegenseitiger Liebe zusammen. Jeder Mensch sehnt sich nach echter Gemeinschaft und Liebe. Bei Christen erfüllt sich diese Sehnsucht vor allem in der Gemeinde.
  3. Sie feierten das Mahl des Herrn. Bei diesem Mahl denken Christen an Jesus und erinnern sich an ihre Errettung. Vielleicht bist du gerade in einer Lebensphase, in der dir eine neue Erinnerung daran besonders gut tun würde. Deshalb hat Jesus das Abend­mahl eingesetzt (Lukas 22,19-20).
  4. Sie beteten gemeinsam. Gemeinde ist horizontal auf Gemeinschaft ausgerichtet, auf die Verbindung zu deinen Brüdern und Schwestern im Glauben. Und sie ist vertikal auf unsere Verbindung zu Gott ausgerichtet. Das zuletzt Genannte ist übrigens nicht das Letzte im Sinne von das Geringste oder Unwichtigste. Deshalb last but not least: Gebet. Großartige geistliche Aufbrüche sind möglich, wenn Menschen vor Gott kommen und beten!

 

Die Gute Nachricht verbreiten

Fehlt noch das fünfte Kennzeichen von Gemeinde. Die Apostelgeschichte sagt von der ersten Gemeinde auch: „Sie verkündigten die Botschaft Gottes ohne Furcht.“ (Kapitel 4,31) Die ersten Christen – zum Großteil waren sie Jesus noch persönlich begegnet – konnten nicht verschweigen, was sie gesehen und gehört hatten (Vers 20). Wo immer sich Gelegenheiten ergaben, zeichneten sie sich durch „gute Werke“ aus und sagten das Evangelium weiter, sei es in Form von Predigten, Gesprächen oder Briefen. „Die über das Land zerstreuten Chris­ten zogen umher und verkündeten die Botschaft Gottes.“ (Kapitel 8,4) Die Begeisterung von Jesus hatte damals im gesamten Mittelmeerraum unübersehbare Wellen geschlagen. Wer den missionarischen Auftrag einer Gemeinde unerwähnt lässt, hat die Apostelgeschichte nicht verstanden.

Der Evangelist Luis Palau drückte diesen Aspekt einmal in einem deftigen Bild aus. „Die Gemeinde“, sagte er, „ist wie Mist. Wenn man ihn aufhäuft, verpestet er die ganze Umgebung; verteilt man ihn, düngt er die Welt.“ Ob wir den Blick nach außen richten, entscheidet mit über das Funktionieren oder Nichtfunktionieren einer Gemeinde.

Nicht perfekt

Eine Illusion muss ich dir allerdings nehmen: Die perfekte Gemeinde gibt es nicht. So wenig wie einzelne Menschen, aus denen Gemeinde besteht, vollkommen sind, genauso wenig sind ganze Gemeinden vollkommen! Manch einer hatte Idealvorstellungen, als er sich einer Gemeinde angeschlossen hatte und ist enttäuscht worden; der erste Eindruck war phantastisch, doch auf den zweiten Blick sah manches ernüchternd mensch­lich aus. Menschen sind nun einmal nicht so wie Gott.

Der Komponist Igor Strawinski schrieb einmal ein Stück, das eine schwierige Passage für die Violine enthielt. Nach mehreren Wochen des Übens kam der Geiger zu Strawinski und bekannte ihm, dass er das Stück nicht spielen könne. Er hatte sein Bestes gegeben, aber er hielt die Passage für zu schwie­rig, wenn nicht sogar unspielbar. Strawinski erwiderte: „Das verstehe ich. Was ich erreichen wollte, ist der Klang eines Menschen, der es zu spielen versucht.“ Vielleicht hat Gott mit der Gemeinde etwas Ähnliches im Sinn. Das Ideal einer Gemeinde Gottes werden wir auf Erden niemals erreichen, doch das, was der „Komponist“ will, ist unsere „Aufführung“. Und die ist der Weg, auf dem Menschen, die Gott noch nicht kennen, seine Klänge hören können.

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