Themenimpuls

Unehrlichen Menschen helfen?

Freitagmittag, 17. September. Ich besuche Freunde. Kurz vor dem Essen klingelt es. Vor der Tür steht eine „Muddi“ aus der Nachbarschaft, die einen Mann auf dem Marktplatz aufgegabelt hat. Der Mann neben ihr: Ein Häufchen Elend. In sich zusammengesunkene Schultern. Durchlöchertes Shirt. Die Hände wie zum Gebet auf dem kugelrunden Bauch gefaltet. Versprüht einen Mix aus Schweiß und Zigarettengeruch. Geduckt und mit gesenktem Kopf blickt uns über seinem Mundschutz ein trostloses Augenpaar entmutigt an.

Die „Muddi“ sagt: „Ein Bettler… spricht kein besonders gutes Deutsch… braucht Arbeit… oder 60 € für ein Ticket zurück nach Ungarn…“
– „Jaaaaaa, is klaar. Fake!“, dachte ich sofort.🙈😲
„Ihr seid Christen und wer kann sonst noch besser dem Nächsten helfen?“
– Bin plötzlich ziemlich beschämt, so misstrauisch gedacht zu haben. Aber so richtig überzeugt bin ich echt noch nicht. Wir bitten ihn, zum Essen da zu bleiben. Kritisch wird der unerwartete Besuch von den Kindern beäugt.
Wir können weder ungarisch, noch kennen wir jemanden, der helfen kann. Während des Gesprächs über Google Translate 😅 ändert sich meine Überzeugung mehrmals von Vertrauen zu absolutem Misstrauen. Immer wieder verstrickt er sich in Widersprüche. Alles kommt mir vor wie eine Masche, um an Geld zu kommen.
Nach einiger Zeit erfahren wir, dass er in 2-3 Stunden am Bahnhof in einer Stadt in der Nähe sein muss. Dort fährt ein Bus, der 60€ kostet. Wir stimmen zu, ihn zu fahren. Am Bahnhof in der Stadt ist kein Bus zu sehen, der Mann will jedoch noch mehr Geld haben. Er bittet um 90€. 🙄

Was hättest du gemacht? Hättest du ihm Geld gegeben? Ihn rausgeschmissen? Polizei gerufen? In so Situationen ist es echt gar nicht so einfach zu entscheiden. Ob der Mann ehrlich oder unehrlich zu uns war, wussten wir nicht 100%ig. Wir wussten aber: Er war bedürftig!
Für mich war es eine Überwindung zu helfen, obwohl man nicht sicher ist, ob alles seriös und ehrlich ablaufen wird. Meine Sehnsucht nach Kontrolle über solche Situationen hätte fast verhindert, ihm zu helfen. Ich will Kontrolle bei Gott abgeben und mit mutigem Herzen, den Bedürftigen nicht übersehen.

Wichtig: Natürlich soll es bei Hilfe nicht um komplett naive Hilfeleistung gehen oder um Hilfeleistungen, bei denen man sich bewusst einer Gefahr aussetzt.

SiggiSiggi

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